Rezension: Stephan Dittl – Unentgeltliche Kurzberichterstattung über Sportveranstaltungen im Fernsehen (Dissertation, Jura)

Das Kartell, das für die Zentralvermarktung der Fernsehrechte im deutschen Profifußball zuständig ist, und die Verteilung der erwirtschafteten Milliarden sind wieder in aller Munde. Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge sprach bereits Ende 2015 beim Bundeskartellamt vor. Im Dezember wurde bei der DFL über den Verteilungsschlüssel und die Beteiligung der Clubs, bei denen es eine Ausnahme von der 50+1-Regel gibt, gestritten. Möglicherweise haben wir uns auf ein ganz neues Vergabesystem einzustellen.

Um hier vernünftig mitdiskutieren zu können, ist es wichtig, mit den rechtlichen Grundlagen vertraut zu sein. Grundlage ist nicht nur das europäische und deutsche Kartellrecht. Zur Gesamtfrage der Fernsehrechte für Sportereignisse gehört auch die unentgeltliche Kurzberichterstattung, die freilich eine Besonderheit ist: Da sie zwingend ist, kann sie durch die Kartellvereinbarungen nicht ausgeschlossen werden.

Über eben dieses Thema hat Dr. Stephan Dittl, Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei Salger in Frankfurt, im Jahr 2013 an der Universität Gießen promoviert. Die lesenswerte Arbeit hat den Titel „Unentgeltliche Kurzberichterstattung über Sportveranstaltungen im Fernsehen“. Der Untertitel verrät bereits, dass die Betrachtung umfassend wird: „Aus zivil-, verfassungs- und europarechtlicher Sicht.“

Und diese umfassende Betrachtung gelingt! Nach einer grundlegenden Einführung (S. 11-20) stellt der Verfasser im 2. Kapitel prägnant die Entwicklung des gesetzlichen Kurzberichterstattungsrechts in Deutschland in Europa dar (S. 21-36), die sich wegen eines entsprechenden Vorabentscheidungsersuchens des österreichischen Bundeskommunikationssenats sogar auf die Rechtslage in Österreich erstreckt, die auf die entsprechende europäische Richtlinie zurückgeht. Damit sind die Grundlagen sauber abgesteckt.

dittl_kurzberichtFür den sportrechtlich interessierten Leser ist das 3. Kapitel (S. 37-104) besonders instruktiv. Dittl beschreibt hier die zivilrechtlichen Grundlagen und Grenzen von Sportübertragungsrechten. Ohne eine genaue Kenntnis dieser Grundlagen ist die rechtliche Beratung in Sachen wirtschaftlicher Verwertung von Übertragungsrechten unmöglich, ein Verständnis des Zentralvermarktungskartells kaum vorstellbar, eine Begründung eines Kurzberichterstattungsrechts ohne Sinn. So arbeitet der Verfasser in diesem Kapitel dogmatisch einwandfrei und in der gehörigen Tiefe anhand einer sorgfältigen Auswertung der Literatur und zum Themenkreis ergangener Rechtsprechung die geltende Rechtslage heraus. Die Analyse wird hierbei auf Rechtspositionen der Veranstalter und der beteiligten Sportler erstreckt. Dittl kommt zu dem zutreffenden Ergebnis: „Der Verkauf von Fernsehrechten durch Sportveranstalter beruht auf § 3 UWG und dem Hausrecht“ (S.102). Praktiziertes Mittel der Wahl ist natürlich der Weg über die (Nicht-)Ausübung des Hausrechts zum Zwecke der Aufzeichnung.

Nicht weniger spannend und ebenso gelungen sind die Ausführungen zur „Verfassungsrechtlichen Betrachtung“ im 4. Kapitel (S. 105-182). Dass die Anordnungen von § 5 RfStV

„§ 5 RfStV – Kurzberichterstattung (nur auszugsweise)

(1) Das Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung über Veranstaltungen und Ereignisse, die öffentlich zugänglich und von allgemeinem Informationsinteresse sind, steht jedem in Europa zugelassenen Fernsehveranstalter zu eigenen Sendezwecken zu. Dieses Recht schließt die Befugnis zum Zugang, zur kurzzeitigen Direktübertragung, zur Aufzeichnung, zu deren Auswertung zu einem einzigen Beitrag und zur Weitergabe unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 11 ein.

(2) […]

(3) […]

(4) Die unentgeltliche Kurzberichterstattung ist auf eine dem Anlaß entsprechende nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung beschränkt. Die zulässige Dauer bemißt sich nach der Länge der Zeit, die notwendig ist, um den nachrichtenmäßigen Informationsgehalt der Veranstaltung oder des Ereignisses zu vermitteln. Bei kurzfristig und regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen vergleichbarer Art beträgt die Obergrenze der Dauer in der Regel eineinhalb Minuten. […]“

einer materiellen rechtlichen Überprüfung bedürfen, weil sie offensichtlich und zwanglos die Schutzbereiche der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), des Eigentumsrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit – sowie wegen verankerter Zutrittsrechte möglicherweise auch der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) – der Veranstalter berühren, leuchtet ein. Dittl prüft in seiner Arbeit auch noch weitere Rechtspositionen weiterer möglicher Beteiligter. Aber auch die formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes steht in Rede, weil fraglich ist, ob sich die Länder auf die Gesetzgebungskompetenz zum Rundfunkrecht berufen können, oder ob diese dem Bund zusteht, weil die Informationsbeschaffung der Sender letztlich privatrechtlich erfolgt. All diese Fragen werden unter gründlicher Auswertung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie der verfassungs- und sportrechtlichen Literatur vom Verfasser bearbeitet und letztlich überzeugend beantwortet. Hierbei beeindrucken insbesondere die Ausführungen des Verfassers. zur „verfassungsrechtlichen Rechtfertigung“, die natürlich daran anknüpft, ob das Kurzberichterstattungsrecht geeignet, erforderlich und angemessen ist, die Ziele der flächendeckenden Versorgung der Öffentlichkeit mit Informationen über Ereignisse von allgemeinem Interessen und der Verhinderung von Informationsmonopolen zu erfüllen. Nach der Lektüre lässt sich feststellen, dass der Autor nicht nur das Recht beherrscht, sondern auch mit großer Sachkenntnis die richtigen Wertungen im Bereich des Sport- und Wirtschaftslebens zu ziehen weiß. Mit seiner Bewertung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit geht er teilweise noch über die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zum Kurzberichterstattungsrecht hinaus. Sein Ergebnis ist äußerst differenziert.

Im fünften Kapitel (S. 183-211) beleuchtet der Verfasser auf dem gleichbleibend hohen Niveau noch die europarechtlichen Implikationen vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Regelung der Europäischen Union (siehe Artt. 14, 15 der Richtlinie 2010/13/EU). Hier kommt er zu dem Ergebnis, dass die Regelungen wirksam sind und die nationale deutsche Regelung zum Teil richtlinienkonformer Auslegung bedarf (S. 210 f.).

Das „6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse“ beschließt die Arbeit.

Mit dieser Dissertation hat der Autor, was sich aus dem Vorgesagten ergibt, ein thematisch spannendes, rechtswissenschaftlich sehr überzeugendes und gut lesbares Buch vorgelegt. Praktikern und Wissenschaftlern, die sich dem Thema der Kurzberichterstattung für (Sport-)Ereignisse vertieft befassen wollen, sei das Werk wärmstens ans Herz gelegt. Nicht nur wegen des Titels, sondern auch weil die tatbestandsmäßigen „Ereignisse“ von großem öffentlichen Interesse fast immer Sportereignisse sind, ist die vorgelegte Arbeit auch eine zutiefst sportrechtliche: Man merkt, dass Sport und faire Teilhabe daran dem Autor wichtig sind.

Unentgeltliche Kurzberichterstattung über Sportveranstaltungen im Fernsehen. Dittl, Stephan. – Baden-Baden : Nomos, 2013, 1. Aufl.
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