Die 38. Kalenderwoche ist Sportwoche beim Bundesgerichtshof. Es steht zwar nicht das gerichtsinterne Fußballturnier zwischen den Senaten an, dafür geht es in der sportrechtlichen Rechtsprechung hoch her:
Am 20.09.2016 verkündet der II. Zivilsenat sein Revisionsurteil in der Causa SV Wilhelmshaven gegen den Norddeutschen Fußballverband (NFV). Ich hatte darüber berichtet und auch der mündlichen Verhandlung beigewohnt (mit Bericht und Nachlese). Bestätigt sich meine Vermutung und hat sich der Senat durch einen nichtnachgelassenen Schriftsatz (vor dem BGH nicht sonderlich üblich, aber zu Rechtsfragen jederzeit möglich) des beklagten NFV nicht noch in eine andere Richtung überzeugen lassen, wird der SV Wilhelmshaven wohl auch in der letzten Instanz Erfolg haben. Auf diesen Einzelfall bezogen, ist es bei einem „Blick aufs große Ganze“ relativ unerheblich, wie entschieden wird. Viel spannender ist, mit welcher Begründung der Senat zu seiner Entscheidung kommt. Wie ich bereits aufgezeigt habe, kann das Urteil je nach Begründung erhebliche Auswirkungen auf die rechtliche Konstruktion des organisierten Sports in Deutschland haben. Möglicherweise werden alle Sportverbände in Deutschland, nicht nur der Fußball mit dem DFB und seinen Landesverbänden, die bisherigen Wege der Unterwerfung ihrer Mitglieder insbesondere unter internationale Sportregeln und Entscheidungen internationaler Verbände erneut zu prüfen, zu überdenken und ggf. anzupassen haben. Ich werde mich bemühen, nach dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe so schnell wie möglich eine Analyse vorzulegen.
Nicht weniger spannend geht es am 22.9.2016 beim VII. Zivilsenat zu. Der Senat verhandelt mündlich über die Revision des 1. FC Köln gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln. Dieses hatte, nachdem das Landgericht Köln dem FC zunächst Recht gegeben hatte, seine Regressklage gegen einen Zuschauer abgewiesen. Der beklagte „Fußballfan“ hatte in der zweiten Halbzeit des Spiels gegen Paderborn am 9.2.2014 einen Knallkörper gezündet und diesen vom Oberrang der Nordtribüne auf den Unterrang geworfen, wo er detonierte und sieben Zuschauer verletzte. Der FC verlangt vom Beklagten den Ersatz von 30.000 €, die einen Teil der seitens der DFB-Gerichtsbarkeit verhängten Geldstrafe darstellen. In diesem Verfahren wird also endlich höchstrichterlich geklärt, ob der von den Vereinen und vom DFB propagierte Regress für Verbandsstrafen zur Durchsetzung regelkonformen Verhaltens aller Zuschauer rechtlich möglich ist. Auch diese Entscheidung wird von Rechts- und Fußballexperten mit Spannung erwartet. Dies liegt insbesondere daran, dass es zwischenzeitlich sich inhaltlich widersprechende oberlandesgerichtliche Entscheidungen gibt, so dass eine Erklärung dringend erforderlich ist. Die sportrechtliche Fachwelt zeigte sich von dem in der Begründung teilweise überraschenden Urteil des Oberlandesgerichts Köln enttäuscht, weil sich der hiesige Senat mit seiner Auffassung in Widerspruch zu an sich geklärten Fragen gesetzt und andere spannende Detailfragen ungeklärt gelassen hat. Die hier auf die mündliche Verhandlung des BGH ergehende Entscheidung wird ohne Zweifel Einfluss auf die Regresspraxis der Bundesliga-Clubs und auf die Konzepte des DFB gegen Gewalt im Fußball haben. Auch hierüber werde ich weiter berichten.
Auch wenn in der 38. Kalenderwoche in Karlsruhe (jedenfalls nicht beim Bundesgerichtshof, möglicherweise jedoch am 24.9. im Wildparkstadion beim KSC gegen Aue) keine Tore fallen: Was entschieden und verhandelt wird, wird in der Sport- und Sportrechtswelt – wie beim Wettkampf üblich – auf der einen Seite für Jubel und auf der anderen Seite für Enttäuschungen sorgen, weil die Auswirkungen erheblich sein werden. Ein Unentschieden gibt es in der Sportwoche beim BGH wohl nicht.